Sehr verehrte Frau Blog,
es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, als ich den Text »Warum fressen wir nicht unsere Hände?« Die Kunst des Fragens oder das Rätseln über die Kunst geschrieben habe, aber noch viel länger erscheint der Beginn des Projekts fragen-zur-kunst.de {adobe flash} zurückzuliegen. Gemeinsam mit Joel Baumann, Tanja Wetzel und vielen Studierenden haben wir im Rahmen eines Projektseminars an der Kunsthochschule Kassel Fragen gestellt. Wir wollten – in Vorbereitung auf die documenta 12 – Fragen zur zeitgenössischen Kunst stellen und sind, mit Videokameras ausgestattet, losgezogen, um die Welt mit unseren Fragen zu überfallen. Zuvor hatte uns die Journalistin und Moderatorin des 3sat-Magazins „Kulturzeit“, Cécile Schortmann, auf die Möglichkeiten und Fallstricke von Videointerviews vorbereitet. Der belgische Kurator Jan Hoet war das erste Opfer. Er beschenkte uns zugleich mit einem Motto, das uns zum Ansporn werden sollte:
„Wenn man gute Fragen stellen kann über seine Welt, das bedeutet, dass man seine Welt versteht.“ {adobe flash}
Mittlerweile ist Jan Hoet – wie einige unserer Interviewpartner auch – verstorben, und die Website wird wohl immer mehr zu einem Archiv werden. Ein Archiv bewahrt vergangenes Leben, das sich in Inhalten und ihren medialen Formen repräsentiert. Ein Archiv erschließt Geschichte und ermöglicht neue Konstruktionen von Vergangenheit. Ein Archiv strahlt in die Gegenwart aus, wenn im dialektischen Widerstreit von archivierter mit lebendiger Wirklichkeit Neues entsteht. Ein kleiner Junge, der seit zwei Jahren mein Leben bereichert, hat mir erst vor kurzem (ganz ohne Worte) eine der Fragen sprichwörtlich begreiflich gemacht, die der Künstler Markus Vater in einer seiner künstlerischen Arbeiten formulierte: Warum fressen wir nicht unsere Hände?
Markus Vater hat mehrere Videobeiträge auf fragen-zur-kunst.de {adobe flash} veröffentlicht. Er wurde nicht persönlich interviewt, sondern hat uns seine Antworten auf einem digitalen Videotape per Post geschickt. Ich erinnere mich noch an meine Aufregung, als ich den Umschlag aus London öffnete. Was bedeutet Kunst für Dich persönlich? Seine Antwort gehört zu meinen Favoriten. Hier der Link zum Video. {adobe flash}
Tanja Wetzel und ich haben uns aufgrund der Vielzahl der Beiträge (286 Fragen und 705 Beiträge) dazu entschieden, das Projekt in einem Buch zu reflektieren. Mit mehreren wissenschaftlichen Texten sowie einer Auswahl von interessanten Antworten entstand im Jahr 2009 eine Publikation, die mehr als eine schöne Erinnerung an eine spannende und lehrreiche Arbeit ist.
Ich hoffe, Sie sind wohlauf Frau Blog. Ich wünsche Ihnen und Ihren Plugins allzeit frischen Code!
Mit besten Grüßen
Ihr Dirk Pörschmann