Allgemein, Kunst, Tod

herman de vries – vergehen

Liebe Frau Blog,

zum 90. Geburtstag von herman de vries durfte ich eine Ausstellung mit ihm gemeinsam konzipieren. Es war nicht nur eine Ehre, sondern eine große Freude! Wir konnten zudem einen Katalog als Edition veröffentlichen, in dem neben drei Originalen von herman einige Texte aufgenommen wurden. Aus bildrechtlichen Gründen kann ich Ihnen die Abbildungen hier nicht präsentieren, aber den Katalog gibt es ja immer noch zu erwerben: www.sepulkralmuseum.de

Viel Freude beim Lesen!
Ihr Dirk Pörschmann

herman de vries - Totholzstapel
herman de vries, totholzstapel, 2021

„Es ist gut,
wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint,
das uns verbraucht oder zerstört,
sondern als etwas,
das uns vollendet.“

Antoine de Saint-Exupéry, „Le Petit Prince“, 1943

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Allgemein, Bildhauerei, Kunst, Tod

Stephan Balkenhol: Skulpturen und Bilder zum Tod

Liebe Frau Blog,

im letzten Jahr hatte ich die große Freude, einen Text zu den Skulpturen von Stephan Balkenhol schreiben zu können, der im Katalog zur Ausstellung Deadline erschien. Das Museum für Sepulkralkultur war der perfekte Ort, um die Arbeiten zu präsentieren, die Balkenhol im Kontext unserer Endlichkeit geschaffen hat. Aus rechtlichen Gründen darf ich Ihnen die Abbildungen hier nicht präsentieren, aber den Katalog gibt es ja immer noch zu erwerben: www.sepulkralmuseum.de

Viel Freude beim Lesen!
Ihr Dirk Pörschmann

I. Totentanz

Der Tanz mit dem Tod ist ein unvorstellbarer Vorgang, und gerade deshalb haben Menschen dieses Bildmotiv erfinden müssen. Seit der Zeit, als sich das Mittelalter langsam zur Neuzeit wendete, ist der Totentanz zum Sinnbild des Sterbens im Leben geworden: „Media vita in morte sumus“ (Mitten im Leben sind wir im Tod) wussten unsere Vorfahren sicherlich schon vor diesem, dem 8. Jahrhundert zugeschriebenen Aphorismus. In der Bilderfindung des Totentanzes tanzten zuerst Tote mit Toten auf mitternächtlichen Friedhöfen. Die schönste Adaption dieser Phantasie haben uns wohl Walt Disney und sein Team vor genau neunzig Jahren hinterlassen: „The Skeleton Dance“ ist ein zeitlos unterhaltsamer Animationsfilm als erster Beitrag in der Reihe „Silly Symphony“ (1929–1939).

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Allgemein, Fragen, Kunst, Wahrnehmung, Zero

Realismus vs. Idealismus

Liebe Frau Blog,

in der europäischen Kunst der frühen 1960er-Jahre etablierte Otto Piene (1928–2014) einen Antagonismus zwischen der ZERO-Bewegung und dem Nouveau Réalisme, dessen Konstruktion auf den philosophischen Dualismus von Idealismus und Materialismus zurückzuführen ist. Was ist die Wirklichkeit? Ist sie, weil wir sie so wahrnehmen, oder ist sie, weil und wie sie ist? Platons Höhlengleichnis zeugt wunderbar Weiterlesen

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Allgemein, Kunst, Utopie, Zero

Ins Gelingen verliebt

Liebe Frau Blog,

im Jahr 2014 hatte ich die Gelegenheit für die Ausstellung ZERO: Countdown to Tomorrow, 1950s–60s im New Yorker Guggenheim Museum einen Beitrag für den begleitenden Katalog zu verfassen. Ich entschied mich für das Thema „Utopie“, das ich im Umfeld der ZERO-Bewegung exemplarisch untersuchte. Als Angehöriger der Enkelgeneration interessiere ich mich seit meinen Jugendtagen dafür,  Weiterlesen

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Allgemein, documenta 14, Kunst

documenta 14: Learning from?

Liebe Frau Blog,

vor gut zwei Wochen bin ich von einer Kurzreise nach Athen zurückgekehrt, wo ich mir die erste Station der documenta 14 angeschaut habe. Es waren fünf Tage in einer Stadt, die trotz der Masse der dort lebenden und sich bewegenden Menschen einen entspannten Eindruck hinterlassen hat. Der Anlass des Besuchs war die erstmalige Eröffnung einer documenta, die nicht in ihrer Geburtsstadt Kassel stattfand – hier wird es erst am 10. Juni losgehen. Wie zahlreiche Kasseler bin ich aufgebrochen, um zu sehen und zu erleben, was sich vom ambitionierten Projekt Weiterlesen

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Allgemein, Kunst

Rangordnungen

Liebe Frau Blog,

in dieser Woche erschien die 15. Ausgabe eines bekannten Rankings aus der Kunstszene: die ArtReview Power 100 Liste. Spiegel online titelte zugleich: Das sind die Mächtigsten der Kunstwelt 2016

Ein Ranking ist ein vor allem in der Wirtschaft benutztes Werkzeug, um in einer einfachen Liste die ökonomische Bedeutung und Werthaltigkeit von Unternehmen, Produkten, Superreichen etc. aufzuführen. Rankings machen nur Sinn, wenn Vergleichbares in eine bewertende Reihenfolge gesetzt wird. Bei Sportereignissen wie Olympia geht es, nach Geschlechtern getrennt, um Zeit, Höhe, Weite, Schwierigkeitsgrade usw. Beim Militär gibt es Rangabzeichen, die nach Ausbildung sowie Orden, die nach vermeintlicher  Weiterlesen

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Allgemein, Kunst, Reinheit, Zero

Was ist ein Bild?

Liebe Frau Blog,

es war viel los in den letzten Wochen, so dass dieser Brief lange auf sich warten lassen musste. Ich hoffe, er wird dennoch vergnüglich und erkenntnisreich für Sie sein.

Ich will Ihnen heute etwas zu Otto Piene und einem seiner schönsten Katalogbeiträge schreiben. Im Frühjahr 1959 fand in Antwerpen eine für die Aktivierung der internationalen Zero-Bewegung wesentliche Ausstellung statt. Auf der Einladungskarte, die durch einen nach oben zeigenden Pfeil im Hochformat gestaltet wurde, stand kein Titel, sondern nur der Name des Ausstellungssorts („Hessenhuis-Antwerp“) sowie die zur Drucklegung bekannten Namen der teilnehmenden Künstler: „Breer, Bury, Klein, Mack, Mari, Munari, Piene, Rot, Soto, Spoerri, Tinguely, Van Hoeydonck“. Auf die spannende Geschichte der Zusammensetzung der Ausstellung will ich hier nicht näher eingehen. Vielleicht mache ich das in einem anderen Brief. Vielmehr möchte ich über das Katalogheft schreiben, das in verblüffend Weiterlesen

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Kunst, Medien, Wahrnehmung

»Der ›digitale Schein‹ ist das Licht, das für uns die Nacht der gähnenden Leere um uns herum und in uns erleuchtet.«

Liebe Frau Blog,

die in der Überschrift zitierten Worte sind 25 Jahre alt. Vilém Flusser hat sie 1991 in seinem Text „Digitaler Schein“ aufgeschrieben.

»Der ›digitale Schein‹ ist das Licht, das für uns die Nacht der gähnenden Leere um uns herum und in uns erleuchtet.
Wir selbst sind dann die Scheinwerfer, die die alternativen Welten gegen das Nichts und in das Nichts hinein entwerfen.«

(In: Vilém Flusser: Lob der Oberflächlichkeit. Für eine Phänomenologie der Medien, Bensheim und Düsseldorf 1993, S. 285.)

Wie seltsam vertraut dies heute klingt. Vor einem Vierteljahrhundert gab es noch kein WorldWideWeb, keine Smartphones Weiterlesen

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Bildhauerei, Kunst

Kunst als innere Notwendigkeit

Liebe Frau Blog,

in meinem letzten Brief hatte ich Ihnen über den Maler Jef Verheyen geschrieben. Durch die Arbeit am Verheyen-Katalog lernte ich bei Axel Vervoordt in ’s-Gravenwezel den belgischen Bildhauer Dominique Stroobant kennen. Ich führte ein Interview mit ihm, um seine Freundschaft mit Verheyen zu thematisieren. Das Gespräch können Sie hier lesen.

Dominiques Wesen und seine Skulpturen begannen, mich zu faszinieren, und als sich die Möglichkeit ergab, mit ihm eine Publikation zu erarbeiten, folgten viele weitere Stunden intensivster Gespräche und eine Reise nach Carrara, wo Dominique in unmittelbarer Nähe der berühmten Steinbrüche lebt. Die Berge sehen dort aus, als würden Titanen Weiterlesen

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Kunst, Wahrnehmung

Farbige Entgrenzung in den Zonen des unbefestigten Seins

Liebe Frau Blog,

vor gut einem Jahr erreichte mich ein Anruf, der mich sehr traurig stimmte. Léonore Verheyen war verstorben. Das erzählte mir ihr Mann. Ich mochte und schätzte die Tochter des belgischen Malers Jef Verheyen. Anfang des Jahres 2010 lernte ich sie kennen, als ich die Ausstellung „Jef Verheyen and Friends“ in der Langen Foundation in Neuss vorbereitete. Léonore war selbst Kunsthistorikerin und bemühte sich, den Nachlass ihres Vaters gewissenhaft zu verwalten und Forschern die Möglichkeit zu bieten, das Archiv Verheyen zu nutzen. Die Arbeit in ihrem Archiv und an der die Ausstellung begleitenden Publikation war bereichernd. Die Auseinandersetzung mit den Werken, die ich erstmals in der Sammlung von Axel Vervoordt sehen konnte, war es mindestens ebenso.

Erinnern Sie sich? Weiterlesen

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